Neues Jagdgesetz: weitere problematische Aspekte

Das Gesetz enthält einen anderen äusserst problematischen Aspekt. Es sieht eine Verschiebung der Verantwortlichkeiten vom Bund hin zu den Kantonen vor, vor allem im Bereich der Regulation geschützter Arten. Das birgt ein grosses Risiko; denn man weiss, dass die kantonalen Behörden anfälliger sind, für Anliegen von Interessenvertretern als die nationalen Behören. Bisher brauchte es für den Abschuss eines schadenstiftenden Wolfs, Luchs oder Bibers die Bewilligung des Bundes. Von jetzt an sollen die Kantone den Bund lediglich noch "anhören". Sie haben faktisch freie Hand, da die Meinung des Bundes bloss beratender Natur ist.
 

Das ist besonders im Wallis höchst problematisch, was sich am Beispiel der Luchse zeigt. Aufgrund von Wilderei (die von einigen Staatsangestellten gedeckt oder gar gutgeheissen wird) gibt es im ganzen Kanton nicht mehr als zwölf Luchse. Laut Lebensraummodellen müssten im Wallis aber rund 50 bis 60 Luchse leben.  In Zukunft könnten diese wenigen Luchse theoretisch mit einfachen, von den kantonalen Behörden beschlossenen "Vorbeugungsmassnahmen" beseitigt werden - mit dem vorgeschobenen Grund, dass der Rückgang der Gämse in einem bestimmten Gebiet auf die Prädation durch den Luchs zurückzuführen sei. Wir wissen aber, dass die Anwesenheit von Pädatoren normalerweise nicht zu einem Rückgang der Huftiere führt. Demgegenüber kann die Jagd durchaus einen Einfluss haben. Im Fall der Gämse entnimmt man im Wallis jedes Jahr 12% bis 15% des Bestandes. Dieser Wert liegt sehr nahe beim natürlichen jährlichen Fortpflanzungspotenzial. Dennoch scheint sich niemand ernsthaft die Frage zu stellen, ob die Jagd, wie sie aktuell ausgeübt wird, nachhaltig ist. Man zieht es lieber vor, dem Luchs die Schuld zu geben, als die Abschusszahlen in Frage zu stellen, obwohl die Jagd der grösste Sterblichkeitsfaktor bei den Hufttieren ist.

 

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